8/26/2007

Verlaubt oder Erboten

Die NPD brüstet sich nach dem gescheiterten Verbotsantrag 2003 in der Öffentlichkeit als legale Partei. Dabei lässt sie außer Acht, dass ihre Legalität überhaupt nicht geprüft wurde. Der Verbotsantrag des Deutschen Bundestages scheiterte aufgrund ganz anderer Dinge…

Für den langfristigen Kampf gegen Rechts sind freilich politische Strategien vonnöten, die auf einer prinzipiellen Ebene ansetzen. An­tisemitische und rassistische Ressentiments in jeder Form müssten kritisiert werden. Hierfür kann man von staatlicher Seite keinerlei Unterstützung erwarten. Der »Auf­stand der Anständigen«, die Lichterketten und ähnliche Aktionen beschränkten sich stets auf sinnlose mediale Effekthaschereien, die gänzlich folgenlos blieben. Angesichts dessen könnte man schon froh sein, wenn die staatlichen Apparate wenigstens das zustande brächten, was nur sie vermögen: ein Parteiverbot auszusprechen und damit die Finanzen und die Organisationsstruktur der extremen Rechten schwer zu beschädigen. Ernsthafter antifaschistischer Politik kann das durchaus taktische Vorteile verschaffen. (Jungle World Nr. 47)

Spuren von Elementarteilchen

Es ist in der Tat ein Dilemma, in welches die demokratische Rechtsordnung tappte. Am 30. Januar und 30. März 2001 beantragten die rot-grüne Bundesregierung, der Bundestag und Bundesrat beim BVerfG die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD und die Auflösung ihrer Parteiorganisation. Das Ziel war, die Verfassungswidrigkeit der rechtsradikalen Partei festzustellen, um dadurch ein Verbot der zu erwirken. Parteiverbote sind ein historisch sensibles Thema, welches unmittelbar mit dem Nationalsozialismus verknüpft ist. Die NSDAP wurde zwar demokratisch gewählt, höhlte das demokratische System der Weimarer Republik schnell aus und kriminalisierte politische Gegner durch Verbote - egal ob Einzelpersonen oder in From von Institutionen (Parteien, Verbänden und Vereine). Damit wurde ein nicht unwesentlicher Einfluß auf die politische Willensbildung und die Präkisierung der Verhältnisse nach 1933 genommen. Im Grundgesetz der Bundesrepublik wurde aus diesem Grund der Artikel 21 im Grundgesetz verankert. Daraus geht die wichtige Anerkennung von Parteien hervor, deren rechtsstaatliche Aufgabean der politischen Willensbildung mitzuwirken es ist. Eingeschränkt wird der Artikel durch die innere Ordnung einer jeden Partei, an welche die Gesellschaft konkrete Anforderungen richtet. Ganz konkret heißt es im Absatz 2:

Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. (Art. 21 (2) GG)

Im Verbotsantrag wurden zahlreiche Gründe beschrieben, die den Tatbestand es 2. Absatzes erfüllen würden. Man beschrieb die NPD aufgrund “ ihrer politischen Programmatik, Strategie und Taktik, ihrer politischen Sprache und Rhetorik, ihrer affirmativ-apologetischen Darstellung nationalsozialistischer Verbrechen und ihrer nationalsozialistischen Traditionspflege eine dem Nationalsozialismus wesensverwandt[e]” (NPD-Verbotsantrag des Bundestags, 29. März 2001) , u.a. aufgrund programmatischer Übereinstimmungen in zentralen, den politischen Kurs und die Vorstellungswelt der NPD definierenden Elementen: (a) Ideologie der “Volksgemeinschaft”, (b) Reichsidee und Großraum-Denken, (c) Sozialdarwinismus, Rassismus und (d) Antisemitismus.

    (a) Volksgemeinschaft: “Volksgemeinschaft” ist ein zentraler Begriff der NS-Ideologie. “Volksgemeinschaft” war bereits um 1900 ein häufig gebrauchter Begriff. Als Gegenbild zur modernen von Konflikten und sozialen Gegensätzen geprägten Gesellschaft war er für die verschiedensten politischen Gruppierungen, völkischen und konservativen, aber auch liberalen und christlichen, attraktiv. Insbesondere in der romantisch geprägten Jugendbewegung des Wandervogels wurde die Volksgemeinschaft als Ideal der künftigen Gesellschaft propagiert. “Volksgemeinschaft! Die Jugend erbebt in hohem, höchsten Gefühl, wenn dieses Wort fällt”, konstatiert im Rückblick ein Zeitgenosse (Jonas Lesser: Von deutscher Jugend, Berlin 1932, S.131) Großen Einfluß hatte der Soziologe Ferdinand Tönnies. Mit seinem erstmals 1887 erschienen Buch “Gemeinschaft und Gesellschaft” prägte er wesentlich die Diskussion bis in die Weimarer Zeit. Tönnies konstatiert, daß sich das Individuum in der modernen Gesellschaft immer in zwei Typen sozialer Bindung befindet. Zum einen in einer Verbindung, die durch gewachsene Strukturen und Zugehörigkeitsgefühl geprägt ist: Familie, Nachbarschaft, Volk. Diesen Typus nennt Tönnies “Gemeinschaft”. Dagegen steht die “Gesellschaft”, ein Bindungstyp, der vor allem durch Nutzenüberlegungen bestimmt wird: Ökonomische und politische Verbindungen, Vereine und Versammlungen. Was von Tönnies als soziologische Beschreibung der modernen Welt gedacht war, entwickelte sich in der politisch zerrissenen Situation nach dem 1. Weltkrieg zu einem politischen Kampfbegriff: Gegen die anonyme, von ökonomischen Nutzenüberlegungen, egoistischem Individualismus und Parteienstreit bestimmte “Gesellschaft” sollte die Gemeinschaft des Volks verwirklicht werden( Dr. Bernd Kleinhans, shoa.de).
    (b) Reichsidee: Die Wesensverwandtschaft zwischen Nationalsozialismus und NPD-Programmatik lässt sich auch in der staatsorganisatorischen Übersetzung der “Volksgemeinschaft” in ein “Deutsches Reich” aufweisen. Sie verfolgt ein antirepublikanisch-antidemokratisches und imperialistisch-hegemoniales Reichskonzept des Nationalsozialismus. Die Reichsidee lässt sich in zahlreichen Publikation der NPD und Äußerungen von Spitzenfunktionären der Partei als zentrales Element der Parteiprogrammatik aufweisen. Bereits 1995 propagierte das “Nationaldemokratische Manifest” der NPD als höchstes Ziel die “Neuvereinigung zu einern Deutschen Reich Der Bundesvorsitzende Udo Voigt bekräftigte in seiner Rede vor dem Bundesparteitag 2000: Das Reich ist unser Ziel, die NPD ist unser Weg.” […] Dass die NPD-Reichsideologie Anschluss sucht an die nationalsozialistische - und nicht etwa die ältere, universalistische Reichsidee - signalisieren wiederholte Hinweise auf eine “Auferstehung”, “Wiederkehr” oder “Wiedergeburt” des “Dritten Reiches”. […] (aus: NPD Verbotsantrag des Bundestages)
    (c) Sozialdarwinismus, Rassismus
    Darwins These von der Durchsetzung der jeweils bestangepassten Art erfuhr eine Umdeutung zum Überleben des Stärksten in der Gesellschaft bzw. der höchstentwickelten Nation und Rasse gegenüber weniger entwickelten. Durch den Einfluss der Rassentheorie, die davon ausging, dass geistige und seelische Qualitäten von unterschiedlichem Erbgut verschiedener Rassen abhängen, trat der Gesichtspunkt der Selektion in den Vordergrund. Die nationalsozialistische These wird vom Sozialdarwinismus abgeleitet und geschlußfolgert, dass durch medizinischen Fortschritt, Hygiene und Sozialversicherung schwache und lebensuntüchtige Menschen am Leben gehalten würden. Weil diese sich stärker vermehrten als Träger hochwertigen Erbgutes, degeneriere eine Nation oder Rasse und könne sich im Kampf ums Dasein nicht mehr behaupten. Daraus fordern Nazis die “Rassenhygiene” und sehen darin ihr Recht, dass die “Stärkeren” herrschen müssten. Ein wesentlicher unterschied zu andern Ideologien besteht darin, dass Menschen nicht gleichberechtigt bewertet werden. Aus dieser Ungleichheit leiten Neonazis die absurdesten Theorien ab, unter anderem das man Minderheiten das Recht entzieht, zu existieren! Feinderklärungen und - als äußerste “logische” Konsequenz - Mord- und Ausrottungsprogramme resultieren aus einer auf dem Bündnis von Sozialdarwinismus und Rassismus beruhenden politischen Weltanschauung.
    Der Neonazi Michael Müller schreibt in einem Statement er sei “Ethnopluralist”, der die Menschheit in Rassen und Völker einteilt (NPD Osterode, “Eingemeißelte Betroffenheit” vom 24. Mai 2007) . Ethnopluralismus ist ein zentrales Konzept der Neuen Rechten. Dieses Denken rechnet jedem Volk grundsätzlich verschiedene Eigenschaften zu, was sich nicht nur in Äußerlichkeiten wie etwa der Hautfarbe, sondern vor allem in unterschiedlichen geistigen und psychischen Strukturen niederschlage. Daraus entstünden schließlich die jeweiligen Traditionen und Kulturen, die zusammengefasst die nationale Identität bildeten. Jene Identitäten gelte es, ungeachtet ihres spezifischen Inhaltes, um jeden Preis zu verteidigen.Für den Ethnopluralist gilt die/der Einzelne gar nichts, die Individuen sind nur als unselbstständige Anhängsel ihres Volkes vorstellbar. Nur in der ihnen zu eigenen kulturellen Umgebung, ihrem Biotop, um den naheliegenden Begriff aus der Biologie zu entlehnen, können sie sich normal entwickeln. Störend oder gar zersetzend wirkt sich hier die Anwesenheit von Fremdfaktoren aus, etwa die durch eine perfide Strategie des Großkapitals veranlasste Präsenz von Gastarbeiterinnen. Jener gelte es, auch im Sinne der durch das Kapital entwurzelten Migrantinnen, entgegenzutreten. Ideal und Endziel wäre eine Welt, die fein säuberlich in klar voneinander abgegrenzte, ethnisch separierte Territorien aufgeteilt ist. Der Ethnopluralismus artikuliert also faschistische Reinheitsfantasien, die notwendig auf Pogrom und Vernichtung zielen, verkauft sich jedoch als antirassistisch, da er sich ja für den Erhalt der kulturellen Vielfalt einsetzt, die durch den gleichmacherischen Globalismus bedroht sei (Olga Bombalowa/Gruppe Sinistra! Frankfurt).
    (d) Antisemitismus
    Zahlreiche NPD Funktionäre sind bereits wegen antisemitischer Äußerungen verurteilt worden. Nähers zum Thema entnehmt ihr der Themenreihe Antismitismus und Rassismus.

Wenn die NPD in ihrer Funktion als parlamentarische Kraft nur „Zwischenziel“ sieht und die „absolute Macht“ erst nach der „nationaler. Revolution“ bzw. dem „Umsturz“ - als Endziel definiert, wird klar, welch taktisches Verhältnis die Neue Rechte gegenüber der parlamentarischen Demokratie hegt. Es ist ein Zweckbündnis, aber keineswegs das Ziel der politischen Bemühungen. Ziel ist es, Menschen ihr Recht zu existieren ab zu erkennen, Vertreibung, Gewalt, Rassismus und Diktatur: “Für die NPD ergibt sich der Wegfall der „westlichen Demokratie“ und des Parlamentarismus, entsprechend der Strategie der Nationalsozialisten, für die Hitler forderte, der völkische Staat habe die politische Leitung „restlos vom parlamentarischen Prinzip der Majoritäts-, also Massenbestimmung zu befreien“. […] (Verbotsantrag des Bundestages)

Da eine antidemokratische offen verfassungsfeindliche Partei die demokratische Grundordnung bedroht, welche das Bundesverfassungsgericht zu schützen gedenkt, ist der Tatbestand der Verfassungswidrigkeit erfüllt. Damit ist eine der wenigen Ausnahmen gegeben, um einen sich Partei nennenden Personenzusammenschluß wie die NPD verbieten zu können. Leider wurde die inhaltliche Ausrichtung der NPD vom Bundesverfassungsgericht überhaupt nicht geprüft. Das Verfahren scheiterte bereits im Vorfeld aufgrund von V-Leuten. Im Gegensatz zu einem verdeckten Ermittler ist die VP keine Angehörige der Ermittlungsbehörde, sondern eine Privatperson die dem Milieu bereits angehört. Der Staat zahlt also Nazi-Ideologen, um an Interna zu gelangen. Ein Dilemma. Informationen über verfassungsfreindliche und demokratiebedrohende Bestrebungen einer Partei werden vom Bundesverfassungsgericht deshalb nicht gerprüft, weil der Geheimdienst an diese Informationen nur über V-Leute kommen konnte. Nun liegen den Ermittlern also Erkenntnisse vor, die sie vorher nicht hätten haben können, die sie nun aber auch nicht mehr verwenden können.

Jedem erscheint es wohl als der angenehmste Weg, die Doofmänner einfach zu verbieten. Eines sollte im Konflikt und in der Debatte aber noch berücksichtigt werden: Faschismus, Antisemitismus und Rassismus sind keine Erfindung der NPD, sondern der Gesellschaft als solcher. So lange staatlicher Antifaschismus darauf aufbaut, rechte Parteien zu verbieten, muss dieser dafür in die Kritik genommen werden. Dass ein Verbot der NPD die gesellschaftlichen Ursachen für das Erstarken des Rechtsextremismus nicht beseitigen kann, ist kein ernsthaftes Gegenargument. Natürlich würde ein Verbot etwa den weit verbreiteten Anti­semitismus ebenso wenig vermindern wie andere rechtsextreme Einstellun­gen. Schwer wiegt hier auch das Argument, dass damit staatliche Repressionen im Inneren gefördert werden. Eine solche Maßnahme reihte sich vor allem ein in andere Unternehmungen der staatlichen Gewalt, die die bislang in der Bundesrepublik gewährten Grundrechte immer mehr in Frage stellen. Die Frage die in der Jungle World aufgeworfen wurde, ist berechtigt:

Dabei ist die gesamte Debatte eigent­lich völlig unnötig. Hätte die Bun­des­regierung nicht das Potsdamer Abkommen zu einem »abgeschlossenen historischen Kapitel« erklärt und damit faktisch außer Kraft gesetzt, dann wäre die NPD ohnehin verboten. »Jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen«, heißt es darin. Artikel 139 des Grundgesetzes legt fest, dass gegen diese Bestimmung auch eine Berufung auf das Parteienprivileg des Artikels 21 nicht hilft. (JW 41)

Schließlich ist es wohl vielen Politikern ganz recht, auf die Bösen am rechten Rand verwei­sen zu können. Denn dagegen erscheint noch jede staatliche Maßnahme zur Flüchtlingsabwehr oder zur inneren Sicherheit als liberal.

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Nähere Informationen zum Text:
Extremismus.com
Bundesverfassungsgericht - Pressemitteilung Nr. 22/2003 vom 18. März 2003
shoa.de
Themenreihe Rassismus und Antisemitismus
Jungle World - Die Wochenzeitung

8/01/2007

Schlecht oder mieserabel?

Es gibt kein gutes Leben im Schlechten (Theodor W. Adorno)

Oftmals versuchen Menschen, zwischen Patriotismus und Nationalismus eine Grenze zu ziehen. Dem Patrioten ist mit dem Nationalisten gemeinsam, dass sich beide gerne an den Staat ankuscheln möchten, so wie an eine wollige Decke. Nur das sie dabei vergessen, dass der Staat nichts natürliches ist, was man mal so richtig zum Kuscheln lieb haben könnte. Es ist ein künstlich geschaffener Zusammenhang, der letztlich die Aufgabe hat, die Gesellschaft friedlich zu organisieren, damit die wirtschaftliche Triebkraft nicht verloren geht. Auf eine einfache Formel gebracht geht es um Geld und der Staat ist sozusagen die Security des Kapitalismus. Im Kapitalismus werden Menschen zueinander in Konkurrenz gesetzt. Nur in der Konkurrenz kann sich Egoismus durchsetzen, eine Voraussetzung für Gewinnerzielung. Also ist ein positiver Bezug an etwas wie Deutschland oder einen anderen Staat schon mal eine ziemlich verspulte Angelegenheit an sich.

Was Deutschland im Speziellen angeht, wird sich über einen positiven Bezug auf das Land allem Negativen entledigt - sonst könnte es ja auch nicht positiv-kuschelig werden. Dazu gehört die diskriminierende Flüchtlingspolitik unter Rot/Grün als auch unter Rot/Schwarz genauso, wie die barbarische Vergangenheit des Dritten Reiches. Patriot wie Nationalist müssen also Auschwitz leugnen oder es - wie es Schröder gemacht hat - instrumentalisieren. Rot/Grün argumentierte so für den Krieg im Kosovo als auch gegen den Krieg im Irak. Beide Male mit der selben Begründung - man habe aus der Vergangenheit gelernt. Nun kann man die Realität und damit Deutschland nicht nach belieben verwursteln und codieren, wie es einen in den Kram passt - und damit die Geschichte verdrehen oder gar fälschen.

Schon jetzt ist klar, worauf der Text hinaus läuft. Es gibt keine Unterschiede zwischen Patrioten und Nationalisten. Warum versucht es nun aber der eine, sich ganz besonders vom anderen abzugrenzen? Wozu?

Dem Patrioten dämmert es, was wie oben beschrieben mit seiner Liebe zu Deutschland zusammenhängt. Nämlich andere schreiten mit genau der selben Motivlage “Liebe zur Nation” konsequent zur Tat. Somit haben sich zwei Begriffe für ein und die selbe Sache durchgesetzt. Der Patriot möchte verhindern, sich selbst zugestehen zu müssen, eigentlich deutscher Nationalist zu sein. Die begriffliche Grenze funktioniert, um sich die eigene konstruierte Identität nicht zu beschmutzen und auch weiterhin unverkrampft Deutsch sein zu können.


Die Gefahr von Patriotismus liegen dabei durch historische Fakten belegt auf der Hand. Ihm ist ein Potential aus Antisemitismus, Antiamerikanismus und Rassismus eigen. Wirkungsmechanismen, welche sich nicht nur nach Außen abgrenzen (z.B. alles nicht Deutsche außerhalb der Staatsgrenze), sondern auch nach über biologischen Rassismus nach Innen (von allen nicht deutschen Blutes wie MigrantInnen, Jüdinnen und Juden, KommunistInnen, etc.)*.
Wer nun behauptet, Patriotismus führe zu einer sozialen Bindewirkung - also sozialen Frieden, wirtschaftlichen Aufschwung, etc. - liegt derbe daneben. Dass Patriotismus in Deutschland selbst derart harmlos nicht ist, verdeutlichen etwa die Studien des Forschungsprojekts „Deutsche Zustände” (weitere Infos) der Uni Bielefeld. So schreibt die Frankfurter Rundschau am 15.12.06:

„Fazit der Forscher: Die These ein „gesunder patriotischer Nationalstolz“ führe auch zu größerer sozialer Bindewirkung und mehr Offenheit und Toleranz, sei eine „Fehleinschätzung“. Versuche, die darauf abzielen, nationale oder patriotische Einstellungen zu stärken (…) könnten höchst „ambivalente“ oder sogar „riskante“ Folgen haben.“

Dies belegen auch die Ergebnisse der Studie „Vom Rand zur Mitte“ (nachlesen), die die Friedrich Ebert Stiftung in Auftrag gegeben hat. Darin wurden im Mai und Juni 2006 über 5000 Personen nach ihrer Gemütslage befragt. Ein paar Beispiele: „die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“ stimmten 36,9 % zu, bei 31,9 % gab es eine Teilzustimmung; auf die Frage nach Überfremdung durch Ausländer stimmten 39,1 % zu, 28,5 % in Teilen, usw. usf. (Studie S.34 ff.).

Versuche, nationale oder patriotische Einstellungen zu fördern, ziehen also höchst riskante Folgen nach sich. Manchmal, wie in Halberstadt, sind dann schon pink gefärbte Haare Anlass für brutalste Übergriffe. Der Verfassungsschutz stellt nicht zufällig einen deutlichen Anstieg rechtsextremer Straftaten und Gewaltbereitschaft fest. Wenn die Gesellschaft also aus irrationalen Selbstzweck in Patrioten als Normalbürger und “Nationalisten” als Extrembürger unterteilt, wird daraus nur die Anschlussfähigkeit zwischen bürgerlicher Mitte und dem rechten Rand deutlich. Eine Kritik an rechten Strukturen muss daher auch immer die Gesellschaft als Ganzes mit ins Visier nehmen, welche rechtsmotivierte Barbaren überhaupt erst hervorbringt.

Sie wissen es nicht, aber sie tun es.
(Karl Marx)

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*) das ist auch der Unterschied zum Nationalismus anderer Staaten, wie dem in Frankreich: die historisch-fatale Innenwirkung hin zu antijüdischen Pogromen oder ähnliches setzten sich dort historisch eben nicht bis zum Holocaust fort.