6/27/2008

Flaggen-Contest gegen Nationalismus

Warum hängen die vermeintlichen "Fans" der DFB-Auswahl eine Deutschlandfahne raus? Weil sie Fußballfans sind? Nein, es sind einfach Nationalisten. Wären sie Fußballfans würden sie eine Fahne mit dem Wappen des DFB raushängen, so wie Bayern München-Fans nicht das Stadtwappen aus dem Fenster hängen sondern die Vereinsfahne. Der Sport wird ja allerorten vorgeschoben, um den eigenen Nationalismus zu verharmlosen. Gegen diese Unsitte haben sich linke Gruppen Aktionen einfallen lassen, wie Indymedia berichtet:


Parallel zum Männer Fußball Europameisterschaft rufen linke Gruppen in verschiedenen Städten dazu auf, Deutschlandfähnchen einzusammeln. Eine Reaktion aus neofaschistischen Kreisen lies nicht lange auf sich warten.
Die radikale Linke lässt sich derzeit einiges einfallen, um das Meer aus Nationalfahnen von den Straßen zu bekommen. In manchen Städten können gesammelte Flaggen direkt in Gratis-Drinks umgetauscht werden, im Autonomen Zentrum Wuppertal muss weniger Konzerteintritt bezahlt werden und im Heidelberger Café Gegendruck gabs eine Party zum Flaggen verbrennen. Gruppen aus Dresden und Berlin rufen zu Sammelwettbewerben auf.

In der Spielanleitung für „Fang die Fahne“ heißt es „Burn your Flag – oder falls ihr gerade mal wieder kein Feuerzeug dabei habt, sammelt sie für den ultimativen Berliner Fahnen-Wettbewerb“. Nach einem ausgefeilten Regelwerk gibt es Punkte für National-, EU- und Nato-Fahnen. Zudem können „Bonuspunkte“ für Reichskriegsflaggen sowie Fahnen rechtsextremer Organisationen erspielt werden.

6/13/2008

Feuilleton: Einführung in die Logik.

Für die NPD und ihre Nadelstecher führen wir unser Nachhilfe-Spezial fort. Im ersten Teil brachten wir Haschi bereits einige Grundregeln der deutschen Rechtschreibung näher und ermutigten ihn zu einem Einführungskurs in Antidiskriminierung. Seine Danksagung an uns folgte in einer Form, die uns und unseren Leser_innen mitleidige Tränen in die Augen trieben. Haschi gab zu, dass ihm die deutsche Sprache nicht so liege. Auch wenn seine aktive Mitarbeit im virtuellen Unterricht durch seine vorzeitige Selbstaufgabe Punktabzüge verdiente und auch sein übereifriger Konterversuch offen legte, dass nicht wirklich überwältigende Fortschritte erzielt werden konnten. Dabei bedienten wir uns einfachen und klar verständlichen Sätzen. Nun bieten wir unsere Arbeitsgemeinschaft Hilfe Zur Selbsthülfe ohne ü mit i erneut an, denn es geht ums Ganze. In der Zwischenzeit wurden nämlich Fragen der NPD Nadelstecher an die Außenwelt gerichteten, die nach Antworten schreien. Dieses Mal geht es um einen "Aufruf zur Unterstützung des Bürgerbündnissese Bunt Statt Braun", über den sich die Pappkameraden ausführlich versuchen lustig zu machen. Wie immer, geht der Schuss nach hinten los. An der Ostfront wären sie dafür vermutlich schon von den eigenen Kameraden erschossen worden und nicht in den Genuss des Kessels um Stalingrad gekommen. In der heutigen Zeit gibt es nicht einmal mehr einen Satz warmer Ohren, trotz dass sie sich dafür wirklich beträchtlich ins Zeug legen.



Nadel: Gehört der Landkreis jetzt dem Gutmenschen-Bündnis, nur weil der Herr Landrat dem Bündnis angehört? (1)
New Kids: Nein. Demokratische Gesellschaften folgen nicht, wie die von der NPD angestrebte nationalsozialitische Volksgemeinschaft, dem Führerprinzip. Demokratische Gesellschaften haben keinen Führer, sondern einen Repräsentanten. Daraus ergibt sich auch eine andere rechtliche Position. Anders als autoritäre Herrscher, ergibt sich für Repräsentanten kein persönlich-materieller Rechtsanspruch auf "das Land", "den Landkreis" oder "die Stadt". Dieses Prinzip setzt sich durch alle demokratischen Organisationsformen hindurch, siehe Vorstände von Aktiengesellschaften, Politiker demokratischer Parteien, dem Leiter der Polizeibehörde oder dem Vorsitzenden des Kleingärtnervereins. Wenn "Bunt Statt Braun" sich vereinnahmend auf den Landkreis bezieht ("mein"), dann verbirgt sich dahinter eine verkappt nationalistische Logik. Eine Kritik an "Bunt Statt Braun" wäre berechtigt. Nur ist nicht jede Kritik nur deswegen Richtig, weil sie kritisiert. Deine Kritik ist und bleibt eine Falsche und damit Schlechte. Kritikwürdig ist der Umstand, dass Standortlogik und Kiezromantik Grundsteine dessen darstellen, was Faschisten in ihrer Extremform bis zum Exzess ausdehnen wollen. Es ist eben der unreflektierter Patriotismus. Ich kann die Berge schön finden, die Bäume aber ein Landkreis ist ebenso wie eine Nation ein künstliches Gebilde, ein Zwangszusammenhang der für Asylbewerber im Landkreis beispielsweise eine Grenze darstellt, ganz sicher sind Landkreise und Nationen aber etwas organisches natürliches, das man lieb haben und in die Arme schließen könnte. Wie bereits in der Dokumentation zur Kampagne "Deutsch mich nicht voll" erläutert wurde, bedeutet das folgendes: "Normalisierung des Verhältnisses zur deutschen Nation bedeutet die Einforderung der Identifikation des Einzelnen mit der Masse. Die Konsequenz ist keine pluralistische Demokratie, sondern der kleinlaute Untergang des Individuums in einem “Volkskörper” in dem stummes Kopfnicken für die Mehrheit zu einer notwendigen Überlebenspraxis heranreift. Die Kritik an deutschen Zuständen und damit an einer schwarz-rot-notgeilen Sport-Popkultur steht also nicht zwingend im Zusammenhang mit der Ablehnung der Verfassung der BRD."




Nadel: Ist es denn nicht vielmehr so, dass gerade Ihr bunten Toleranzbolzen mit Eurem so ausgeprägten Demokratieverständnis die Rechte Andersdenkender in Frage stellt?
New Kids: Nein. Zwar sollte man einen Verein nicht deshalb in Schutz nehmen, weil er sich gegen Rechts erklärt. Wichtig ist, wie die konkrete Umsetzung durch die Vereinsarbeit aussieht. Es gibt zahlreiche Probleme und konstruktive Kritikpunkte, die an einen Verein wie Bunt Statt Braun sogar gerichtet werden müssen. Wir sind in unserem Beitrag "Bürgerlicher Antifaschismus" ausführlich darauf eingegangen. Doch was die Zielsetzung gegen Faschismus und insbesondere die NPD angeht, ist deine Frage ein Zirkelschluss, bei der sich die Logik selbst in den Arsch beißt. Nicht das erste Mal.
Der Kampf gegen Faschismus und seine Organisationsformen ist ein Kampf für Toleranz, Meinungsfreiheit und Gleichheit aller Menschen. Das Recht auf Meinungsfreiheit schließt ja nicht mit ein, dass jeder Depp für jeden noch so kranken Scheiß das Recht hat, Geltung zu beanspruchen. Man kann der Meinung sein, »Hexen« müssten verbrannt oder Juden vergast werden, doch das Recht, diese Meinung populär zu machen, ergibt sich dadurch noch lange nicht. Was wäre das auch für eine Toleranz? Wenn man intollerante Barbaren wie euch Faschisten tolerieren würde, dann würde man damit ja geradezu Intolleranz tolerieren. Das kann nur die NPD wollen, nicht aber die demokratische Gesellschaft. Der Spruch "Faschismus ist eben keine Meinung unter anderen Meinungen, sondern ein Verbrechen" ist eben mehr als eine Floskel.
Dein Hass auf "die besonders Hässlichen und die mit den besonders dummen Gesichtern"(2) unterstreicht die Begründung. Auch wenn dieser Ausspruch nicht strafrechtlich relevant ist, zeigt er doch die Intoleranz auf alle, die dir nicht ins Bild passen.



Nadel: Von „Rechts“ sank die Zahl der Straftaten 2007 gegenüber dem Vorjahr von 76 auf 61. Wohlgemerkt, hierbei handelt sich um Straftaten – die sich überwiegend aus Propagandadelikten und so genannter Volksverhetzung zusammensetzen – und nicht um Gewalttaten.
NKOTHB: Nein. Auch das ist wieder einmal grober Unfug. Das weißt du doch, oder? Erst einmal ist jede Form der Gewalt von Rechts eine Tat zu viel! Zweitens sind Volksverhetzung und Propagandadelikte selbstverständlich eine äußerst prekäre Form der Gewalt. Gewalt muss schließlich nicht immer physischer Natur sein. Mobbing gegenüber Mitarbeitern in einer Firma als auch Diskriminierung und Fremdenhass gelten als anerkannte Formen von Gewalt.
Das die Straftaten 2007 sanken, liegt ja nicht daran, dass Nazis bessere Menschen geworden sind. Die erfolgreiche Arbeit überregionaler antifaschistischer Gruppen hat es euch im Landkreis ungemütlicher gemacht. Viele Personen sind bereits als Nazis enttarnt worden, ein paar weitere werden noch folgen. Die ersten Prozesse gegen euch gingen dabei ja auch positiv aus. Ein paar Verklagte unter euch mussten zwangsläufig etwas kürzer treten, wollten sie ihr Bewährungsticket nicht für den Knast eintauschen. Schon sinken die Gewalttaten. Ihr habt das bisher ganz alleine geschafft, vielleicht folgt ihr ja bald auch noch anderen Beispielen? Wir drücken uns allen die Daumen.



Nadel: Für solcherart Bewusstseinsstörung gibt es durchaus professionelle Hilfe. Ein paar bunte Pillen.
NKOTHB: Wir teilen eure Erfahrungen mit "bunten Pillen" mangels Praxis zwar nicht, aber zur intensiven Einnahme raten wir euch dringlichst! Davon versprechen wir uns eine weitere Absenkung der Straftaten: "Bei regelmäßigem wochenendlichen Konsum „vegetiert“ der Konsument oftmals nur noch vor sich hin. Er ist von Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit und oft auch depressiven Phasen gekennzeichnet." (3) Wie bereits die Ahoi-AG feststellte:
Da wünscht man sich doch in der Legalisierungsdebatte [...] noch eine extra Klausel für Faschisten, die nationalsozialistisch Verwirrten eine Ration täglich auf Rezept gewährt, damit sie bei der positiven Wirkung des "kommunistischen Paradieszustandes" (Anm. d. Verf.: O-Ton Hans Schletz, NPD Osterode) in Zukunft nicht nur einem kurzfristigen Erlebnis hinterherjammern müssen.(4)


--
(1) NPD Osterode, Nachricht von Nadelstich vom 12. Juni 2008 ; Fehler im Original.
(2) ebenda.
(3) Wikipedia, "MDMA"; Fehler im Original.
(4) Ahoi AG, "Haschi und die Drogen".

6/10/2008

Broschüre "Neonazis in Südniedersachsen"

Unter dem Titel "Neonazis in Südniedersachsen" ist eine neue Broschüre erschienen die auf 52 Seiten über Nazistrukturen in der Region informiert. Neben ausführlichen Erläuterungen zu den Versuchen der Nazis in Göttingen Fuß zu fassen werden auch deren aktuelle Protagonisten vorgestellt und ihre Verbindungen in den Südniedersächsischen Raum dargelegt. Weitere, detailreiche Informationen über Naziaktivitäten in Kassel, Northeim, der Harzregion und Duderstadt sind in der Broschüre ebenfalls enthalten. Einen besonderes Augenmerk wird auf den im Bundesvorstand der NPD sitzenden Nazianführer Thorsten Heise gelegt der sich an einem lukrativen Handel mit rechstsextremer Musik erfreut.

Auch sind in der Broschüre Antifa-Aktionen unterschiedlichster Couleur dokumentiert durch die es immer wieder gelungen ist die Nazis in Südniedersachsen zurückzudrängen.

Zu beziehen ist die Broschüre für 5 Euro inkl. Versand (ab 10 Exemplaren 3 Euro pro Exemplar) über:

Redaktionskollektiv Broschüre
c/o Buchladen Rote Straße
Nikolaikirchhof 7
37073 Göttingen

(Quelle: http://www.redical.antifa.net)

Entsetzen in Deutschland: Wieder Neonazis entdeckt!

Die Deutschen sind empört. Jetzt müssen sie sich in der Du-Bist-Deutschland-Euphorie mit Politik befassen. Schuld ist die NPD und "ihre" Rechten. Da wollten es sich Freizeitpatriot_innen bei Bratwurst und Apfelschorle gerade mit wedelnden Fähnchen an Auto, Haus und Nutella-Gläschen heimelig einrichten um mal "endlich wieder" unverkrampft deutsch sein zu können, da mogelt sich die rechte Hintermannschaft in die Kreistage Sachsens und ruft in Erinnerung, was man vergessen wollte und ohnehin schon aufgearbeitet zu haben meint - die Vergangenheit.

"Die Leute müssen endlich aufwachen", fällt dem Bürgermeister des Kaffs Reinhardtsdorf-Schöna (kürzer ging nicht, da die Domain schon vergeben war) ein. Die CDU möchte allerdings darauf hinweisen, dass man auch den wachsenden Linksextremismus im Auge behalten müsse (1). Die Grünen sehen Möglichkeiten für eine fröhliche und besonders bunte Demonstration, schließlich sei es "5 vor 12". Bei "allen berechtigten Protesten" dürfe aber nicht wild plakatiert werden, darüber habe man sich auch mit dem Naturschutzbund verständigt. Der ortsansässigen SPD hingegen fallen keine Argumente gegen die NPD ein, doch "dass die nicht richtig mitarbeiten und bei Sitzungen fehlen", das stört den Pressesprecher arg (2). "Ansonsten sind das ja normale Leute, die tun keinem etwas und benehmen sich immer anständig", pflichtet ihm seine Adjutantin bei.(3) Der SPD-Landrat stimmt mit ein. Das Problem mit rechtsextremistischen Ansätzen könne man zwar nicht leugnen, aber genauso müssen man sich vor übertriebenen Reaktionen hüten. (4)
Die CDU hat ein Fest für Demokratie und Toleranz vorgeschlagen. Man sei sich mit den Grünen bereits darüber einig, dass der Lautstärkepegel des "fröhlichen Beisammenseins (für das leibliche Wohl ist gesorgt)" aber nicht 50 dB überschreiten dürfe. Der Fußballverein 1. VFL Germania Schöna 1933 erklärte sich bereit, zu dieser friedlichen Demonstration seine Torwand zur Verfügung zu stellen. Überhaupt könne man die Veranstaltung dazu nutzen, Jugendliche für die Vereine zu gewinnen. Schulleiter der Stadt versprechen sich dadurch auch eine bessere Integration von Jugendlichen, die ansonsten "in die Fänge der Nazis" geraten könnten. (5) Verschiedene Vereine haben in ihren letztjährigen Abschlussberichten Nachwuchssorgen geäußert. Man sei daher auch zu Zugeständnissen bereit und über jedermans Hilfe dankbar. Dr. Dr. Dr. Phil. labil Neid von der FDP warf ein, dass der Geschäftsbetrieb in der Veranstaltungszeit aber nicht gestört werden dürfe. Ansonsten sei der kleine Mann wieder der gelackmeierte, wo käme man da hin, wenn man wegen den Protesten vor verschlossenen Ladentüren stehen würde, pflichtet ihm Bodo Winkler von der Partei Freie Bürgerinitiative BI bei. Überhaupt lockten derartige Veranstaltungen nur "die Falschen" an, weiß der Sicherheitsbeauftragte der CDU Scholz. (6) Er verlange daher, das Versammlungsrecht dahingehend einzuschränken, man könne bereits im Vorfeld verdächtig aussehende Personen überwachen lassen und bei Anreise in Sicherheitsgewahrsam nehmen. "Man erkennt die Linken schon daran, dass die dort sind, wo der Daumen rechts ist", so die allgemeine Einschätzung auf der letzten Kreistagssitzung. CDU und FDP lehnen sowohl rechtsradikale wie auch linksradikale Positionen ab.(7) Experten sehen darin den Grundstein für die "Arbeitsgemeinschaft für Weltoffenheit und Demokratie im Land Sachsen".(8) Aufgrund der überwältigenden Zugewinne für die Neonazis, sei es an der Zeit, auch ein Zeichen gegen Jeden-Extremismus zu setzen. Man wolle dabei vor allem erst einmal mit allen Beteiligten und bekannten Personen das Gespräch suchen. Der Kirchenkreis möchte den Tag mit einem Frühgottesdienst eröffnen und ruft auf zum "Beten und Meditieren gegen Rechts". (9)
"Die demokratischen Kräfte unserer Gesellschaft müssen hellwach sein. Deshalb setzen wir den Kampf gegen den Rechtsextremismus mit neuer Kraft fort“, sagt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen dazu. (10) Auf die Gesellschaft in Reinhardtsdorf-Schöna könne man stolz sein, denn "die tun was", so Von der Leyen weiter. Man habe sie für das Fest als Schirmherrin gewinnen können. (11)

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(1) ein typischer Reflex in der öffentlichen Debatte, gerade von demokratisch-konservativeren Parteien wie CSU, CDU, FDP aber auch freien Wählergemeinschaften. Warum man Extremismus von Rechts nicht einfach mit vermeintlichen Linksextremismus gleichsetzen kann, das hat die Kampagne "Gegen Jeden Extremismusbegriff" erklärt.
(2) Statt die NPD in ihrer Gesamtheit permanent zu kritisieren, findet man bis in bundesstrukturen von Parteien hinein Tendenzen, dass die NPD plötzlich für ihre Arbeit kritisiert wird. Das ist oftmals ein Meilenstein für die Nazis, denn was sie wollen ist über Inhalte streiten, um ihre Ideologie zur Diskussion zu stellen und damit öffentliche Wirkung zu erzielen. Eine Kritik an der NPD für ihre Arbeit spielt dieser Strategie zu, während eine Kritik an den Wurzeln der Partei - die Existenzfrage einer Faschist_innenpartei - diesen Fehler umgeht.
(3)
"Der nette Nachbar von Nebenan" (Thilo Schmidt) stellt eindrucksvoll dar, wie eine Normalisierungsstrategie der Nazis aussieht.
(4) Landrat Reuter zitiert im Harz Kurier.
(5) Verschiedene Schulleiter stellten "vernünftige Freizeitangebote für Jugendliche" (vgl. Harz Kurier) immer wieder als Problemlösung in Bad Lauterberg dar. Das tatsächliche Problem haben diese Schulleiter nicht erkannt. Die Wurzel des Naziproblems sind nicht alleine rechte jugendliche Schläger, betont der Konfliktforscher Heitmeyer bei NPD-Blog.info:
“Die feindseligen Mentalitäten werden vor allem von den Älteren vertreten - und die Jüngeren bringen dann die Gewalt ins Spiel. Und dann wird eine Gesellschaft plötzlich nervös. Was die Älteren an Denkmustern jeden Tag am Stamm- oder am Abendbrottisch transportieren, das wird überhaupt nicht thematisiert. Es geht nicht darum, sich gegen rechtsextreme Gruppen zu versammeln, sondern die Stadtgesellschaft ist das Problem. Wenn man die Älteren nicht mit ins Boot bekommt, dann hat man ganz schlechte Karten. […]" (vgl. NPD-Blog.info) .
(6) Immer wieder werden nicht die problematischen Nazis thematisiert, sondern es kommt zu umgekehrten Reaktionen. Schon das benutzte Vokabular "Chaoten", "Krawallmacher" zeigt die Richtung an, in welche man sich schärfere Maßnahmen wünscht: Linke, Gewerkschaftler, Gegendemonstranten (vg. hierzu
"Gegen Jeden Extremismusbegriff").
(7) ebenda.
(8) Fritz Vokuhl, der erst die Bündnisgegendemonstrationen kurz vor den Wahlen vor eine Zerreißprobe stellte und anschließend die antifaschistische Initiative "Bunt Statt Braun" verließ, leitet nun mit einigen Gefolgsleuten eine neue Arbeitsgemeinschaft die sich von dem klaren antifaschistischen Engagement abstand nimmt und "gegen jeden Extremismus" meint, in Bad Lauterberg das garnicht existente Problem "Linksextremismus" auf die Agenda heben zu müssen und damit den Rechtsradikalismus zu relativieren (Argument hierfür vgl.
"Gegen Jeden Extremismusbegriff"). Mit Ruhe und Vernunft wäre der grüne Konservative vielleicht zu einer ähnlichen Einschätzung gekommen wie die oberfränkische CSU aus Weißenohe. "In einem Brief, der von 13 weiteren CSU-Mitglieder unterstützt wurde, schrieb [Carmen Strumpf (CSU)]: "Die Einbeziehung der Antifa-Aktivisten in die Überlegungen des Bürgerforums Gräfenberg hat sich in vielen Veranstaltungen als kalkulierbar bewährt."
(9) Außer beten nichts gewesen. Die Kirche hat sich aus der Debatte um Faschismus im Südharz bisweilen nicht erkennbar öffentlich geäußert. Statt dessen half sie dem Neonazi Oliver Keudel sogar, seine Bewährungsstrafe im Kreise der Kirchengemeinde zu verrichten.
(10) Lausitzer Zeitung.
(11) "Was bleibt vom Medienhype um Reinhardtsdorf-Schöna?", NPD-Blog.info.

6/06/2008

Dokumentiert: "Deutsch mich nicht voll"

Die Aktionsgruppe "Deutsch mich nicht voll" hat eine kritische Schrift zur Deutschtümelei zu Sportereignissen, wie das der EM, herausgegeben. Wir dokumentieren hier deren Papier:

Taucht Deutschland zur Männer-Fußball-Europameisterschaft wieder unbekümmert in Schwarz-Rot-Gold ein, wird jede Kritik an der Voranstellung der Nation als Identifikationsfigur gnadenlos abgeschmettert und die Abgrenzung zum “übersteigerten Nationalismus” leichtfertig mit einem “positiven Verhältnis zur Nation” und einem “gesunden Patriotismus” begründet. Ein unverkrampftes Verhältnis zu Deutschland heißt dann: Eine Deutschlandflagge gratis beim Kauf von zwei Tüten Chips. Der Normalisierungsprozess in Bezug auf das Verhältnis des Einzelnen zur Nation sei in vollem Umfang abgeschlossen, da man sich doch nun genug mit der Geschichte auseinandergesetzt habe und der Aufarbeitungsweltmeister Deutschland sich die gesellschaftliche Befugnis zu patriotischen Regungen hart erarbeitet habe. Fast schon höhnisch klingt die Sehnsucht von Rheinhard Mohr nach einem “Stimmungskick durch die EM” um nun auch endlich das Dauerelend der sozialen Ungerechtigkeit zu überwinden. Nationalstolz als Super-Pille - Nebenwirkungen ausgeschlossen?
Vergessen sind Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen - wiedervereinte deutsche Bürger guckten zu bei fremdem Elend und nachher hat niemand was gesehen. Fast blind vor Deutschtümelei werden der Einzug der NPD in die ostdeutschen Landtage und der Anstieg von rechtsextremen Gewalttaten als Randphänomen abgeschoben und die eigentlichen Ursachen verschleiert. Als adäquate Antwort folgt ein Fischen nach Wählerstimmen am rechten Rand - nach der Bewältigung der Vergangenheit folgt das Ignorieren der Gegenwart.

Übergangen wird die Tatsache, dass “Nation” einem Abgrenzungsprozess entspringt, dessen Ursprünge in Begriffen wie Abstammung und Kultur wurzeln. Das Hochhalten der Deutschlandflagge symbolisiert nicht die Identifikation mit einer demokratischen, verfassungsrechtlich geschützten Grundordnung, sondern die identifikatorische Bindung einer Masse und somit die Bildung einer nationalen Identität, der man nicht entkommen kann, ohne sich auszugrenzen. Es entsteht ein Zwangszusammenhang, der sich gegen das Individuum richtet und ein Kollektivsubjekt erzeugt, dem man sich unterzuordnen hat. Normalisierung des Verhältnisses zur deutschen Nation bedeutet die Einforderung der Identifikation des Einzelnen mit der Masse. Die Konsequenz ist keine pluralistische Demokratie, sondern der kleinlaute Untergang des Individuums in einem “Volkskörper” in dem stummes Kopfnicken für die Mehrheit zu einer notwendigen Überlebenspraxis heranreift. Die Kritik an deutschen Zuständen und damit an einer schwarz-rot-notgeilen Sport-Popkultur steht also nicht zwingend im Zusammenhang mit der Ablehnung der Verfassung der BRD - jedoch wird die Plakette, unter anderem durch den § 90a StGB, schnell verteilt, um weiterhin im Strom der Unberührbarkeit hinwegzutreiben.

“Deutsch mich nicht voll!” heißt in diesem Sinne: Kein entspanntes Verhältnis zur deutschen Nation - weder im Alltag noch zu irgendeiner Fußballmeisterschaft. Wenn also mit dem Restart eines “Sommermärchens” die Mehrheit in Gefühlsduselei verfällt, wird ein Protest umso notwendiger. Wir laden deshalb jedeN dazu ein, das Internet, in all seinen Formen, als Plattform zu nutzen, um mit künstlerischen Darbietungen ihre / seine Ablehnung zum Ausdruck zu bringen. Ziel ist es dabei, eine interaktive Ausstellung heranwachsen zu lassen, die auf unterschiedlichste Art veranschaulicht, warum jedweder Auswuchs von deutschem Nationalismus keine Strategie sein kann. Fußballfan-Lieder wie “Eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir von Mönchengladbach bis nach Auschwitz” sind nur Früchte einer unterschätzten Gefahr. Konsequent gegen Antisemitismus, Rassismus, Geschichtsrevisionismus und Sexismus - Nazis den Nährboden entziehen!