11/11/2008
11/10/2008
Von Traumtänzern
Das Pamphlet ist ein weiterer Beleg für den tagtäglichen Wahnsinn deutscher Nazis, die sich die Welt und deren Probleme nicht erklären zu können scheinen, aber dafür dann zumindest allerlei Worte parat haben. So ist die Lage der Nazis auf anderthalb Seiten mit 520 Wörtern bereits analysiert(3). So einfach sei es und „dem kleinen Mann“, für den sich die Faschisten verantwortlich nennen, ginge es bereits besser. Im Endeffekt handelt es sich hier aber nur um die selbe Leier wie seit eh und je. Einfach wieder D-Mark einführen und - *zack-päng-puff* - haben sich alle Probleme in Luft aufgelöst.
Kapitalismus schafft man nicht ab, indem man an den Spielregeln dreht.
„Kapitalismus und Globalisierung“ möchten die Nazis stoppen, indem sie Banken verstaatlichen und das Wirtschaftssystem unter staatliche Kontrolle stellen wollen. Stoppt man dadurch Kapitalismus? Nein! Natürlich nicht, es hat schließlich einen Grund warum die größten deutschen Banken derzeit einen starken Staat fordern und sich weltweit derzeit einige Bankinstitute teilverstaatlichen lassen. Das tun sie mit Sicherheit nicht, weil sie den Kapitalismus aufhalten wollen, sondern weil sie ihn retten wollen. Und genau das will die NPD auch – den Kapitalismus retten. Sie fordert ein Wirtschaftssystem, welches schon im Dritten Reich scheiterte und als historisch Primitiv gilt.
Der Staat hat im Kapitalismus die Aufgabe, ihn zu schützen. Wer die Verhältnisse verbessern möchte, der fordert die Abschaffung des Kapitalismus. Nazis wollen ihn nicht abschaffen oder stoppen, sie fordern lediglich dessen Umstrukturierung zu ihren Gunsten. Früher hat man den Leuten weiß machen wollen, die Juden seien das Problem für soziale Ungerechtigkeiten. Heute benennen sie das Problem auf Seiten von „Spekulanten, Anlegern und Managern“. Die Nazis tun immer so, als gehe es den Menschen im Kapitalismus deswegen schlecht, weil sich einzelne Personen falsch verhielten – nicht im Sinne ihrer Ideologie der Volksgemeinschaft. Der Kapitalismus hängt aber gar nicht vom persönlichen Verhalten einzelner ab, er steht oder fällt mit der Warenproduktion. Darin ist die Ungerechtigkeit zu suchen, weshalb der Gewinn nicht voll auf die Arbeiter verteilt wird. Sie bekommen nur einen nicht gerecht aufgeteilten Bruchteil vom Verkaufserlös. Die Besitzer von Anlagen und Grundstücken streichen dagegen ein, was sie anderen vorenthalten. Das Kapitalismus unsozial ist, weiß aber nun jedes Kind, spätestens seit Marx und Engels "Das Kapital" verfassten. Es ist ebenso bekannt, dass dieses Unsoziale nicht plötzlich sozial wird, wenn man im Sinne linker SozialistInnen oder rechter FaschistInnen nun auf die geschichtlich bereits gescheiterte sozialistische Form des „alternativen Wirtschaftens“ verfällt. Es verändert die sozialen Probleme durch den Kapitalismus in keinster Weise.
Naziideologie hängt mit dem Wort "Volk" zusammen.
Wenn die NPD staatliche Souveränität fordert, dann geht es ihr um ein alternatives kapitalistisches Wirtschaftssystem – die raumorientierte Volkswirtschaft. Zentral sind darin die Begriffe „Volk“ und „Raum“. Darin liegt die Naziideologie von Blut und Boden begründet. Unter dem Gesichtspunkt von Emanzipation und antifaschistischen Grundsätzen ist dieses Denkmuster generell abzulehnen. In dem Denken von „angestammter“ oder „natürlicher“ Heimat, von „Verwurzelung“ und blutsbestimmter Volkszugehörigkeit drückt sich die prinzipielle Feindschaft gegen Menschen als Individuen aus. Eine Feindschaft, die durch die Nazis von 1933 bis 1945 mit dem Projekt der Vernichtung der europäischen Juden zur größten Barbarei der Menschheitsgeschichte wurde: gegen die westliche Idee von Republik wurde der völkische Wahn von Blut und Boden als „natürliche Schicksalsgemeinschaft“ in Stellung gebracht (3). Nazis möchten also die Regeln gerade nur so weit verändern, dass nur noch der „Volkszugehörige“ vom Kapitalismus profitieren. Die Nazis sagen damit nicht nur, dass die die Freiheit des Menschen abschaffen wollen, sondern dass der Kapitalismus unsozialer werden solle und nur noch „Deutschen“ dienen solle. Natürlich ist „der kleine Mann“ hier nicht das Kriterium im Sinne eines sozialen Gedankens, denn mit ihm wäre es nach NS-Vorbild vorbei wenn er oder sie anders denkt, anders aussieht oder anders glaubt.
Ein paar realpolitische Fakten zu zwei besonders dreisten Lügen und Unterstellungen aus dem NPD Flugblatt.
1. "Mit dem Euro wurden die Dinge des täglichen Lebens immer teurer." Diese Aussage der NPD ist falsch. 93 Prozent der Europäer glauben zwar, dass durch den Euro vieles teurer geworden ist. In einigen Punkten haben die Verbraucher auch recht (bspw. Friseure, Kaffee, Mittagsessen im Restaurant, Reinigungen, Kinos, Brötchen und Schokolade). Doch insgesamt ist das Leben nicht durch die Währungsumstellung sondern durch andere Faktoren (wie höhere Energiepreise oder die Tabaksteuer) teurer geworden. Das Statistischen Bundesamt hat sogar berechnet, dass vor allem Elektronikartikel und einige Lebensmittel (wie Bohnenkaffee oder Butter) günstiger geworden sind. Das sich die Friseuse, der Bäcker, ein Kellner oder Milchbauern einen Preisaufschlag gönnen, sollte man denen aber nun wirklich nicht zum Vorwurf machen.
2. "Während die Gewinne bei Börsen und Großkapital sprudeln, bleibt in der Geldbörse des kleinen Mannes immer weniger". Diese Aussage ist in ihrer Logik falsch. In den Geldbörsen bleibt nicht weniger übrig, weil Börsen gewinne machen, sondern weil inbesondere in Deutschland das Steuerniveau stark angestiegen ist. Hat ein verheirateter Arbeitnehmer mit 2 Kindern als Alleinverdiener 1998 noch 24.704 Euro (48.316 D-Mark) verdient, würde er bei gleichem Job und gleichem Lebensverhältnissen heute 27.811 Euro verdienen. Die Geldbörse des kleinen Menschen hätte ein Plus von 12.57% zu verzeichnen. Es ist nicht "der Finanzmarkt" sondern der Staat Deutschland, welcher Einkommen überdurchschnittlich hoch belastet - nämlich um über 52,2% (4). Damit gehört Deutschland zu den Top3 Steuerbelastern in der EU. Einer Partei, die den starken Staat fordert, passen solche Zahlen nicht ins Konzept, daher lässt sie sie auch einfach weg und stellt eine lose und nicht belegbare Behauptung auf.
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1) „Hauptsponsor Staat“, Artikel vom 18.10.2008 aus JungeWelt.
2) „Neue Ermittlungen gegen früheren NPD-Schatzmeister“, Artikel vom 13.09.2008 auf Spiegel Online.
3) "Es geht um Israel", Cee Ieh #88.
4) Studie Taxing Wages 2007 der OECD, alleinstehender Durchschnittsverdiener.
950 Wörter (Änderungen vorbehalten)
Lesetipps:
"Der Bürger bürgt" von Michael Heinrich, erschienen in Jungle World Nr.43 erschienen am 23. Oktober 20o8.
11/06/2008
Aufruf ,,Für eine starke antifaschistische Kultur - Gegen rechte Zentren und Naziläden vorgehen!"
Aufruf:
In Göttingen gibt es kein ruhiges Pflaster für Neonazis und andere Rechte – und das kommt nicht von ungefähr. In der Stadt existiert eine aktive Linke mit ihren Räumen und Strukturen, wie z.B. selbstverwalteten Häusern, die die Voraussetzungen für ein progressives Klima schaffen. Schon bei Anzeichen rechter Umtriebe formiert sich hier antifaschistischer Widerstand, der seit vielen Jahren erfolgreich solche Tendenzen abwehren kann. Dieses Klima ist keine Selbstverständlichkeit, sondern muss immer wieder erkämpft, verteidigt und weiterentwickelt werden.
Der gesellschaftliche Rechtsruck hat zur Folge, dass reaktionäre Kräfte sich zunehmend sicherer fühlen und offener zu Tage treten. Sei es der Versuch einen Anlaufpunkt für Rechte und Neonazis in Göttingen zu errichten, Provokationen Farben und Säbel tragender Burschenschaftler oder das Vorgehen der neoliberalen Stiftungsuniversität gegen linke Strukturen und Wohnprojekte. Gegen diese Entwicklungen heißt es vorzugehen! Mit dem 4. Fire&Flames-Festival, einer Demonstration und Veranstaltungen wollen wir ein Zeichen setzen für eine starke antifaschistische Kultur und gegen reaktionäre Ideologien und rechte Zentren – in Göttingen und überall!
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