Michael Hahn vom NPD-Stützpunkt Osterode könnt im Schafspelz warm werden. |
Oder gibt es womöglich ein Netzwerk, in dem Geld, Propaganda, aber auch Waffen ausgetauscht werden? [...] Es wäre immerhin möglich, dass andere Nazi-Terroristen die Pistolen bei dem Trio abgeladen hatten.Überhaupt ist nicht nur eine Frage, wie sehr der Verfassungsschutz in den Schutz terroristischer Zellen involviert war und diese unfassbaren Taten verschleiern half, sondern auch, wie sehr die faschistische Terrorgruppe in NPD, Freie Kameradschaften sowie braune Burschenschaften integriert war und die Gruppe hier auf Strukturen traf, unterzutauchen. Vielleicht leben ja auch im Harzer Umland noch Personen, welche in dieser Zelle eine Rolle spielten oder gar noch spielen. Es erscheint unwahrscheinlich, diese Taten alleine und als Trio zu planen und durchzuführen - ohne weitreichendere und tiefgreifendere Unterstützung und nicht über einen so langen Zeitraum von über einer Dekade.
Die NPD Osterode bezeichnet sich noch vor wenigen Jahren ganz unverholen als "Stützpunkt". Eine militärische Bezeichnung für eine Militärbasis und Etappe für weitere (Truppen-)Bewegungen. Erst vor wenigen Jahren riefen NPD-Führungskräfte (Michael Hahn, die Festung Harz aus (siehe dazu unseren Artikel vom 30. Oktober 2010). In der Aufklärungsbroschüre der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Niedersachsen heißt es treffend:
Die „Festung Harz“ ist das Ziel. Neonazis im Osten und Westen des Mittelgebirges basteln gemeinsam an diesem Projekt. Es soll die versprengten neonazistischen Freien Kameradschaften und die NPD-Sektionen in drei Bundesländern – Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – näherbringen. [...] Es gelingt ihnen verstärkt Anhänger auch aus den Reihen der Kameradschaften, sowie konservativen Zusammenhängen in ihre Aktionen einzubinden. Parallel dazu entwickelt sich auch im Westharz – weitestgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit – ein eigenes wirtschaftliches Netzwerk. Rechtsrock- Musiker, Produzenten, rassistische Liedermacher, Ladenbetreiber und Konzertorganisatoren sorgen dafür, dass den zahlreichen jungen Anhängern, darunter auch viele Frauen, eigene Szene-Events angebotenBundesweit aktive Neoanzis wie Michael Müller (Müller und seine Anhänger vom 04.06.2009) sowie enge Verbindungen zur Freien Kameradschaft Northeim inklusive Thorsten Heise aus West-Thüringen (siehe dazu unseren Artikel vom 22.1.2008) sind nur einige der Indizien, wie eng NPD-Ortsverbände in die radikalen Strukturen eingebunden waren (siehe dazu unseren Artikel vom 31.5.2006). Insbesondere die enge Verbindung zwischen Hahn und Heise ist als Schlüssel der südniedersächsischen Kameraden in die Thüringer Neonaziszene zu verstehen. Schon von Beginn des Jahrtausens an war klar, dass im Harz eine Achse geschaffen werden sollte, um die Sächsische Schweiz mit Westfalen zu verbinden. Es wäre ein Wunder, wenn rechte Terroristen nicht auch in Herzberg oder Bad Lauterberg einen Zwischenstopp eingelegt hätten. Wohl nicht zufällig hatten Polizeibehörden Südniedersachsens und West-Thüringens in der Region des Öfteren schon Waffen und andere Mordmaterialien vermutet (siehe dazu einen Artikel über die letzte Großrazzia bei vielen NPD-Bundesvorständen und -Kandidaten) und auch gefunden. Andrea Röpke schreibt:
Am 20. Januar 2009 führte die Polizei in Südniedersachsen umfassende Razzien bei Rechtsextremisten durch. Der Schwerpunkt der Polizeiaktion lag dabei mit allein 13 Durchsuchungen im Landkreis Osterode. In jeder zweiten Wohnung wurden die Beamten fündig. Sie sicherten unter anderem neun Gewehre, sieben Pistolen, eine doppelläufige Schrotflinte und zahlreiche Schuss Munition. Aber auch Schlag- und Wurfwaffen, Hakenkreuzfahnen, Rechtsrock-CDs sowie Propagandamaterial wurdebeschlagnahmt. Ein betroffener 25-Jähriger aus Herzberg war bereits zuvor wegen eines Waffendeliktes aufgefallen: er hatte seine Wohnzimmerdecke mit einer Pumpgun perforiert. [...] Neonazis nutzen demokratische Einrichtungen nur als „Mittel zum Zweck“. Warnung genug sollte der historische Ausspruch des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels nach der nationalsozialistischen
Machtergreifung 1933 sein. Er sagte: Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selbst stellte, durch die sie vernichtet wurde.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, wirft laut Spiegel Online dem Verfassungsschutz "klassisches Versagen" vor: "Es könne nicht sein, dass etwa Autobrandstiftungen in Berlin selbst ohne Bekennerschreiben automatisch Linksterroristen zugeordnet werden, während die Ermordung von Einwanderern unpolitisch als "Döner-Morde" bezeichnet werden."